
Biozide im Schwimmbecken stehen für klares Wasser. Im Unklaren dagegen lässt uns die neue europäische Biozidverordnung – zumindest, was den Adressaten des Regelwerkes angeht.
Was ist passiert? Seit Herbst 2013 gilt eine neue EU-Biozid-Verordnung, die nicht nur das Inverkehrbringen von Bioziden, sondern auch deren Verwendung regelt. Damit müssen erstmalig Anlagen, die Biozide vor Ort (in situ) herstellen, ein aufwendiges und teures Zulassungsverfahren durchlaufen. Doch der Verordnungstext ist nicht präzise. Unklar ist, wer Adressat der Zulassungspflicht sein soll. Das konnte auch die für die Zulassung zuständige Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) nicht präzise sagen.
Nach dem Wortlaut trifft die Zulassungspflicht jeden Privathaushalt und jedes Krankenhaus, die in situ-Desinfektionsverfahren verwenden, um der Verkeimung von Wasserquellen vorzubeugen. Nicht nur der Wortlaut, auch der Nutzen der EU-Regelung in Bezug auf die in situ-Anlagen für die Wasseraufbereitung ist nicht eindeutig. Denn unser Trink- und Badewasser ist eines der am strengsten kontrollierten Nahrungsmittel. Es gibt zahlreiche Vorschriften, die Anforderungen an die Wasserqualität festlegen – beispielsweise die Trinkwasserverordnung oder die DIN 19643, die Standards des Schwimmbecken- und Badebeckenwassers definiert.
Die eingesetzten Stoffe zur Beseitigung von Keimen – zum Beispiel Chlor und Ozon – sind wissenschaftlich ausgiebig untersucht, und die vorgegebenen Grenzwerte durch zahlreiche Studien belegt. Auch für die in situ-Anlagen selbst existiert ein rechtlicher Rahmen. Mit der neuen EU-Biozidverordnung würde man eine „Doppelkontrolle“ einführen, aber keinen besseren Schutz von Gesundheit und Umwelt erreichen. Denn zum einen ist zu befürchten, dass aus Kostengründen auf den Einsatz von Desinfektionsverfahren mit Bioziden komplett verzichtet wird. Das hätte verheerende Auswirkungen auf die Volksgesundheit.
Zum anderen birgt die Biozidverordnung die Gefahr, dass man zukünftig den Gebrauch von in-situ-Anlagen einschränkt und bevorzugt zentral erzeugte Biozide für die Wasseraufbereitung verwendet. Die müssen transportiert und gelagert werden, was bei Bioziden immer mit Gefahren verbunden ist. In situ-Geräte können dagegen Biozide exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem sie gebraucht werden, in der Menge, die erforderlich ist, herstellen – ohne Risiken bei der Logistik, Aufbewahrung oder der Handhabung.
Deshalb hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auch 2012 ein in situ Verfahren mit dem Gefahrstoffpreis ausgezeichnet und es als „deutlichen Fortschritt in puncto Umweltschutz (Vermeidung von Gefahrguttransporten per LKW) und Arbeitssicherheit“ bezeichnet. Vor diesem Hintergrund ist unverständlich, warum das innovative in situ-Verfahren, das insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen vorangetrieben wurde, nun „durch die Hintertür“ ausgebremst wird. Sind sich die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung bewusst, welche Folgen das Regelwerk haben kann? Wir sind uns nicht sicher, und möchten deshalb auf die Problematik hinweisen.
Gemeinsam mit anderen Verbänden haben wir deshalb ein Positionspapier erarbeitet, das unter www.bsw-total.de/biozidverordnung-weis-nicht-was-sie-will/ heruntergeladen werden kann.
Text: bsw